SCHEITERN IST KEINE SCHANDE!
von Christoph Edenhauser & Markus Feistritzer
“Aus Fehlern wird man klug” – diese Redensart ist wohl keinem von uns fremd. Welch enorme Bedeutung Fehler haben und warum es so wichtig ist, aus ihnen zu lernen – mit diesen und weiteren interessanten Überlegungen befassen wir uns im aktuellen Blogbeitrag.
FEHLER SIND BESSER ALS IHR RUF
Bereits in der Kindheit wird uns eingebläut, dass Fehler mit Schande und Schuldeingeständnissen einhergehen. So ist diese Einstellung in den Köpfen vieler Führungskräfte auch noch immer fest verankert. Jedoch sind bei weitem nicht alle Fehler schlecht, können sie doch beträchtlich zum Lernerfolg einer Person beitragen. Das wissen zwar die meisten Manager, jedoch existiert trotzdem eine falsche Einstellung, heißt es in einem Artikel im Harvard Business Review Online. Wie aber kann ein Manager konstruktiv auf Misserfolge reagieren? Wenn Mitarbeiter nicht für Fehler verantwortlich gemacht werden, was stellt sicher, dass die Menschen versuchen, ihre Arbeit bestmöglich zu erledigen? Diese und ähnliche Überlegungen beschäftigen Führungskräfte, wie aus dem Interview mit Amy C. Edmondson aus dem Jahre 2011 hervorgeht (für das entsprechende Video klicken Sie bitte hier).
ÄUSSERST BELIEBT: DAS „BLAME-GAME“
Rentiert es sich überhaupt, jemanden für einen Fehler zu tadeln bzw. zu blamieren? Welche Fehler sind wirklich verwerflich? „Wenn ich Führungskräfte dazu auffordere, das Fehlerspektrum zu betrachten und dann abzuschätzen, wie viele der Misserfolge in ihren Organisationen wirklich tadelnswert sind, so liegen ihre Antworten meist im einstelligen Bereich (zwischen 2% und 5%). Aber wenn ich frage, wie viele als tadelnswert behandelt werden, sagen sie (nach einer Pause oder einem Lachen) 70% bis 90%. Die unglückliche Konsequenz ist, dass viele Fehler nicht gemeldet werden und ihre Lektionen verloren gehen“, heißt es in dem genannten Beitrag von Amy Edmondson, Professorin an der Harvard Business School. Und: Nicht immer sind MitarbeiterInnen „schuld“ an Fehlern, Beispiel: Es kommt durch überlange Schichten zur Ermüdung und folglich zu Unaufmerksamkeit. In einem solchen Falle trägt der Manager, der die Schicht eingeteilt hat, mehr „Schuld“ als der ausführende Arbeiter. Ein Verständnis bezüglich der Ursachen, die zum Scheitern führen, kann helfen, das Schuldzuweisungsspiel zu verhindern und die Lehren aus den Verstößen aufzuzeigen. Fehler mit aller Gewalt vermeiden zu wollen wäre kontraproduktiv – aus gemachten „Patzern“ zu lernen, das soll das Ziel sein, heißt es in dem Artikel weiter (Edmondson 2011: o. S.).
DUMMHEITEN VERTUSCHEN IST DUMM!
Eine „Fehler-Lernkultur“ kann nur vom entsprechenden Leiter verstärkt werden – Führungskräfte müssen eine psychologisch sichere Umgebung aufbauen, darauf achten „was“ passiert – nicht „von wem es passiert“, wenn etwas schief läuft. Ansonsten werden Fehler vertuscht und nicht gemeldet – aber nur bekannte Irrtümer können analysiert werden und zum Lernen beitragen. Manager sollen Grenzen festlegen, aber auch Experimenten gegenüber offen sein (Edmondson 2011: o. S.).
WIE AUS FEHLERN INTELLIGENTE FEHLER WERDEN
Fehler lassen sich in folgende drei große Kategorien unterteilen: vermeidbar, komplexitätsbezogen und intelligent. Gute Fehler liefern den Unternehmen wertvolles Wissen, sichern künftiges Wachstum und sorgen für einen Wettbewerbsvorteil. Manchmal ist Experimentieren („Trial and Error“) nötig. Zusammenfassend ist zu sagen, dass außergewöhnliche Firmen über das Erkennen und Analysieren von Fehlern hinausgehen: Sie erzeugen intelligente Fehler – zu Lern- und Innovationszwecken. In solchen Unternehmen werden Fehlleistungen als notwendiges Nebenprodukt des Experimentierens angesehen. Für Experimente muss kein großes Budget geopfert werden; oft genügt ein kleines Pilotprojekt oder eine Simulation (Edmondson 2011: o. S.).
WARUM „GLOBAL PLAYERS“ FEHLER BEGRÜSSEN
Viele Führungskräfte haben Angst vor Fehlschlägen und Enttäuschungen. Aber wer nicht bereit ist, zu versagen, ist auch nicht bereit zu lernen! Es gibt kein Lernen ohne zu scheitern, es gibt keine Erfolge ohne Rückschläge. Dieser Meinung scheinen inzwischen auch große weltweite Unternehmen zu sein:
„Wenn wir keine Fehler machen, versuchen wir es nicht hart genug“, sagt James Quincey, CEO von Coca-Cola Co in einem Beitrag. Netflix CEO Reed Hastings sagte nach dem grandiosen Erfolg mit den Abonnenten auf einer Technologiekonferenz sogar „Wir müssen mehr Risiko eingehen … um mehr verrückte Dinge zu versuchen … wir sollten insgesamt eine höhere Stornierungsrate haben“, so lautet seine Aussage. Auch das Wachstum und die Innovation von Amazon, basiert auf seinen Fehlern. „Experimente sind von Natur aus fehleranfällig. Aber ein paar große Erfolge kompensieren Dutzende von Dingen, die nicht funktionierten“, sagt Amazon-CEO Jeff Bezos in einem HBR-Artikel. (Taylor 2017: o.S.)
Auch interessant: Am Smith College, Massachusetts, USA, gibt es Initiativen, die zum Scheitern anregen und Programme, die mit einem Scheiternszertifikat abschließen. "Was wir zu lehren versuchen, ist, dass Versagen kein Fehler beim Lernen ist, sondern das Feature", erklärte die Leiterin von „Failing Well“ Rachel Simmons in einem Artikel in der New York Times (Taylor 2017: o.S.).
Mit einem passenden Zitat von Sir Winston Churchill (1874-1965) verabschieden wir uns für heute:
„Es ist ein großer Vorteil im Leben, die Fehler, aus denen man lernen kann, möglichst früh zu begehen.“
In diesem Sinne wünschen wir Ihnen genügend positive Fehler,
Markus Feistritzer & Christoph Edenhauser
VERZEICHNIS UND WEITERFÜHRENDE INFORMATIONEN:
Edmondson, Amy C.: Strategies for Learning from Failure, 2011, in Harvard Business Review Online
Taylor, Bill: How Coca-Cola, Netflix, and Amazon Learn from Failure, 2017, in Harvard Business Review Online